E-Mobility Workshop bei Phoenix-Contact

E-Mobility Workshop bei Phoenix Contact in Tagelswangen

Viele interessante Referenten gaben am E-Mobility Workshop (vom 23. – 26.10.2018) Ihr Wissen und Ihre Prognosen bekannt. Elektro-Mobilität stand im Mittelpunkt und wir merkten, dass unterschiedliche Meinungen und Visionen im Raum standen. Als KMU mit Erfahrung in der Elektromobilität sind wir kritisch und haben vieles hinterfragt.

Wir waren nicht nur Angenehm und haben auch hitzige Debatten entfacht und geführt.

Phoenix Contact Workshop E-Mobility, Lade Lastmanagement, Tagelswangen
Vorträge rund um das Lade Lastmanagement

Es ist derzeit sehr schwierig sich einen vernünftigen Überblick zu verschaffen, da die meisten Entscheidungsträger sich zwar mit dem Thema beschäftigen, jedoch kaum jemand mit einem rein elektrischen Auto seinen Alltag bestreitet.

So haben wir noch immer viele Plug-In-Hybrid- oder Diesel-Fahrer auf den Bühnen und in den Entscheidungsgremien.

Der Diesel / Benzin Fahrer

Ein Diesel-Fahrer kann sich nur schwer vorstellen, dass ein Fahrzeug, welches über 20 Stunden im Tag rum steht, kaum eine Schnellladung benötigt, wenn ausreichend Lade-Infrastruktur besteht. Verständlich, denn einen Benziner tankt man erst, wenn der Tank leer ist. Man füllt in wenigen Minuten und fährt dann mehrere Tage mit der Tankfüllung.

Der Plug-In-Hybrid Fahrer

Ein Plugin Hybrid Fahrer möchte den effektiven Strompreis abrechnen, da sein Fahrzeug nur kleinste Ladeströme (um 3.7 kW/h) aufnehmen kann. Zudem benötigt er alle 40-80 km einen öffentlichen Ladepunkt, um seine Strecke elektrisch zurück zu legen. Reichweiten von Plug-In-Hybrid Fahrzeugen liegen rein elektrisch um die 60-100 km. Diese Fahrzeuge sind im Moment sicherlich am wichtigsten, da auch am meisten verbreitet. Die Frage stellt sich jedoch, wie lange es noch Hybrid Fahrzeuge geben wird? Wir denken nicht, dass sich zwei Antriebssysteme in einem Auto auf lange Sicht lohnen.

Der reine Elektro-Fahrer

Hier gibt es zwei Gruppen. Die E-Fahrer mit Renault, Opel, Golf und dergleichen sowie die Tesla Fahrer mit eigenem Lade-Netz. Entscheidend ist die Reichweite, wer mehr als 300 km hat, für den gibt es eigentlich keine grossen Probleme. Mit weniger als 200 km Reichweite hat man andere Anforderungen an die Ladeinfrastruktur. Die Frage ist, welche Reichweiten werden die Autos in 5 Jahren haben?  Wir vermuten, dass <400 km die Norm sein wird.

Der reine Elektro-Fahrer mit über 250 km Reichweite möchten im öffentlichen Raum um die 11-22 kW/h laden können und das möglichst einfach. Nach einem Einkauf oder einem Essen sollte man für die Weiterfahrt von 100-200 km gerüstet sein. Schnellladungen mit 100 kW/h (ca. 500 km / Stunde) und mehr, erachten Elektrofahrer als Risikoreich, da keine Langzeiterfahrungen bestehen, wie sich das Schnellladen auf die Lebensdauer der Batterie auswirkt. Tesla empfiehlt Supercharging nur auf Langstrecken zu nutzen.

Wir kennen kaum E-Fahrer welche ihr Auto immer 100% laden. Man lädt für die nächsten 100-200 km. Das funktioniert bei uns im Selbsttest problemlos. Lediglich für Langstrecken in den Urlaub oder für lange Geschäftsreisen benötigt man Schnelllader mit < 100 kW/h, was bis zu 600 km Reichweite pro Stunde bringt. So haben wir für Fahrten von 800 km rund 20-30 Minuten länger als mit dem Benziner. Auch kommen wir entspannt und sicher an. Die Pause kann für eine Verpflegung, Shopping, einen kurzen Spaziergang, ein Powernap oder für die Bearbeitung von E-Mails gut genutzt werden.

Welche Zahlungssysteme machen Sinn?

Zahlungssysteme sollten sehr einfach sein und Anschlusskabel ab- und aufrollen erachten wir am E-Mobility Workshop als mühsam. Zudem wollen wir nicht schmutzige und nasse Kabel im Kofferraum verstauen und mit nassen Händen weiter fahren. So gehören Kabel an die Ladepunkte. Abrechnen am einfachsten über die  Parkhaus-Kasse oder über ein APP! Auch da scheiden sich die Geister. Ältere Generationen wünschen eine EC- oder Kredit-Karte, viele Betreiber wollen eine Kundenbindung über eine RFID-Karte und der Anwender möchte eine APP oder direkt über das Fahrzeug bezahlen.

Wir sind überzeugt, dass es mehr Benutzer braucht, bis sich da vernünftige Lösungen etablieren.

Phoenix Contact E-Mobility Workshop, Lade Lastmanagement, Tagelswangen
E-Charger, die moderne Ladestation by LED Werkstatt GmbH wurde am E-Mobility Workshop vorgestellt

Die Prognose E-Mobilität

Das reine Elektrofahrzeug ist auf dem Vormarsch. Prognosen sind jedoch kaum abzugeben. Wir vermuten, dass es noch bis zum Jahr 2030 gehen wird, um den Marktanteil in Europa von 50% zu erreichen.

Warum?

Die Auto Hersteller:

Man darf nicht vergessen, dass die Auto- und die Öl-Lobby stark auf der Bremse stehen, da Sie erst umdenken müssen und es um sehr viel Geld geht. Jahrzehnte lang haben Autokonzerne ihre Kompetenz über den Motor definiert und nun plötzlich wollen Konsumenten Autos mit ganz andren Antriebsarten. Das müssen die Firmen erst verarbeiten.

Die Autogarage:

Welches Interesse kann eine Autogarage an der E-Mobilität haben? Am Fahrzeug verkauf lässt sich kaum mehr etwas verdienen, da die Margen im Keller sind. Zudem verkaufen die Auto-Konzerne immer mehr direkt über ihre Online-Portale. Als Tesla Fahrer sehen wir auch, dass Elektroautos kaum mehr Service und Unterhalt brauchen. Verschleissteile wie Scheibenwischblätter, Klimafilter und Pneus sind eigentlich das Einzige was regelmässig gewartet werden muss. Zahnriemen, Wasserpumpe und dergleichen hat ein E-Auto alles nicht. Auto-Garagen in der heutigen Form, werden massiv unter Druck geraten, da kaum noch Servicearbeiten anfallen.

Die Politik:

Die Politik ist nach wie vor auf die Einnahmen der Treibstoff-Abgaben angewiesen und diese Einnahmen müssen verlagert werden. Bereits heute fehlen Budgets da sparsamere Autos am Markt sind. Das braucht richtig Zeit, bis alternative Finanzierungen gefunden sind.

Die Öl-Konzerne:

Mit dem Zuwachs von E-Autos und Wärmepumpen werden möglicherweise viele Ölkonzerne überflüssig. Im Rohstoffhandel kommen die Ölriesen unter Druck, da Kunststoffverpackungen und Einwegprodukte reduziert oder gar verboten werden. Das Recycling von Kunststoffen behindert das Wachstum der Branche zusätzlich.

Die Energieversorger:

Neu müssen EW’s die gesamte Energie-Versorgung sicherstellen. Die EW’s sind noch nicht annähernd auf so eine Veränderung am Markt vorbereitet. Eine weitere Herausforderung sind Privathaushalte, welche immer mehr Energie mit Solaranlagen selber produzieren und den EW’s das Leben erschweren. Zudem wird die Lastregelung in EW’s immer schwieriger, da Verbraucher wie E-Fahrzeuge und auch Produzenten mit Photovoltaik Anlagen unkontrollierte Strom-Peaks generieren.

Was machen wir:

Wir als KMU haben ein Energie-Plus-Haus mit Speicher aufgebaut und stellen unsere Energie zu 97% selber bereit. Lediglich an stark bewölkten Tagen oder wenn Schnee auf den Solarzellen liegt, sind wir noch auf externen Strom angewiesen. Im Sommer liefern wir bis zu 100 kW/h Stromüberschuss pro Tag ins Netz, damit können Stauseen gefüllt und so unsere Energiereserven für bedeckte Tage bereitgestellt werden. Für die 100% Autarkie brauchen wir also Speichermöglichkeiten in Form von Stauseen oder ähnlichem. Eigenständig eine volle Autarkie aufzubauen macht weder wirtschaftlich noch ökologisch Sinn. Für jedes Prozent mehr Autarkie benötigt man enorme Speicherkapazitäten und riesige Investitionen, da die Speicher über mehrere Tage die Energie speichern müssen.

Gehen wir von einem Tagesbedarf von rund 18 kW/h eines Haushaltes aus und eine maximale Dunkelzeit (Schnee auf dem Dach) im Mittelland von 4 Tagen, so müsste ein Speicher rund 80 kW/h haben und auch das ist keine Garantie, da auch das laden eines solchen Speichers in den Wintermonaten mehrere Tage dauern kann. Schneit es in der Zwischenzeit wieder, so erreicht man die Autarkie von 100% nicht.

Im Sommer ist so ein Akku dann komplett überflüssig, da man kürzere Nächte hat und nur rund 5-6 kW/h pro Nacht bereitstellen muss. Die Investition wäre also lediglich für ein paar Wintertage.

In der Selbstversorgung sehen wir die Zukunft, insbesondere, da die Energiepreise steigen und Geldanlagen kaum mehr eine Rendite bieten. Es macht Sinn in seine eigene Energieerzeugung zu investieren. Zudem wirft die Autarkie mehr Rendite ab, als ein Sparbuch oder eine Altersvorsorge und die Lebensdauer einer PV-Anlage beträgt locker 30 Jahre und mehr.

E-Mobility Workshop, Sicherheit beim Laden am E-Charger mit Doepke FI mit Selfcheck und Restart Funktion
Verfügbarkeit der Ladesäule durch FI mit Selfcheck und Restart Funktion

Was also soll geschehen in den nächsten Jahren?

Die EW’s haben keinen Spass an grossen Peaks im Stromnetz und noch weniger an einer einphasigen Last. So ist ein Lastmanagement enorm wichtig. Nun erarbeiten Firmen Lastmanagement Lösungen, welche anhand der Hauseingangsleistung den Strom drosseln. Da wird aber oft vergessen, dass die Hauseingangssicherung im Hausanschlusskasten, dem sogenannten HAK, zwar den maximalen Strom begrenzt, jedoch ein Energieversorger nicht mit einer konstanten Volllast aller installierten HAK’s rechnet. Die Trafostationen in Quartieren sind nicht für solche Dauerlasten ausgelegt. Es gilt ein Gleichzeitigkeitsfaktor.

Daher muss ein Lastmanagement im gesamten Versorgungsbereich der Trafostation den Strombedarf regeln und das stellt die Netzbetreiber vor neue Herausforderungen. So entstehen Debatten über eine Begrenzung der Ladestationen und der Wärmepumpen über das Rundsteuersignal. Da lohnt es sich bei der Planung mit dem regionalen EW Kontakt aufzunehmen, um entsprechende Lösungen zu erarbeiten.

Das Fazit des Workshops

Nach 4 Tagen intensivster Debatten mit Elektrikern, Elektroplanern, Immobilien-Verwaltungen, Energie Werken (EW’s), Architekten und vielen anderen Berufsgattungen, welche mit der Elektromobilität in Berührung stehen, merken wir, dass es viele Berührungspunkte aber auch sehr unterschiedliche Betrachtungswinkel gibt.

Günstige Preise der Infrastruktur stehen ganz weit oben. Sicherheit, Unterhalt und Verfügbarkeit der Lade-Infrastruktur wurde kaum betrachtet. Dabei sprechen wir hier von Ladeströmen bis zu 200 kW/h und da sollte doch gerade die Sicherheit ganz oben auf der Liste stehen.

E-Charger, Phoenix Contact E-Mobility Workshop, Lade Lastmanagement, Tagelswangen

Mit aktuell nur 2% Marktanteil wird leider die Elektro-Mobilität noch nicht richtig wahr genommen und so werden wir bei einem schnellen Wachstum Kompromisse eingehen müssen. Wir wollen nicht schwarz malen, aber die Energieversorger laufen Gefahr, wenn es ein Wildwuchs von Lade-Infrastruktur gibt, die Versorgungssicherheit zu gefährden. Energie steht mehr als genug bereit, die Netzinfrastruktur braucht jedoch eine Intelligenz um die Lasten richtig zu verteilen und Stromausfälle durch Überlastungen zu vermeiden.

Die Batterie als Puffer

Batterien waren ein Thema. Da verhärten sich gerade viele Gerüchte. Erfahrungen und Wissen fehlen fast in allen Branchen, es ist sehr bequem Gerüchte zu bestärken, um selber nichts verändern zu müssen. Alle Welt wartet auf bessere Batterien und bessere Preise. Niemand überlegt sich, was sich bereits heute einsparen lässt und welche Chancen solche Investitionen bieten. Preise und Weiterentwicklungen werden sich erst bei entsprechenden Stückzahlen verbessern, wenn aber niemand den ersten Schritt wagt, werden wir noch lange warten!

Die Amortisation steht immer im Vordergrund.

Seit wir eine Batterie betreiben und wir unsere Liegenschaft über ein Smart Meter genau analysieren können, haben wir ganz andere Vorteile gesehen. Man findet im eigenen Haus plötzlich ein enormes Sparpotenzial. So konnten wir unseren Energiebedarf massiv reduzieren, da gewisse Geräte eigentlich immer Energie brauchen, aber kaum genutzt werden. So wollten wir mit einem möglichst kleinen Akku auskommen und konnten unseren Bedarf senken. Das schlägt sich auch positiv auf unsere Energiekosten nieder.

Phoenix Contact E-Mobility Workshop, Lade Lastmanagement, Tagelswangen
Angeregte Diskussion am Podiumsgespräch E-Mobility von Phoenix Contact

Sind die Energieversorger die Gewinner der Elektro-Mobilität?

Nach dem E-Mobility Workshop haben wir einen besseren Überblick, welche Ängste und Unsicherheiten in den Branchen bestehen und wo wir Lösungen ausarbeiten müssen. Ein ganz wichtiger Punkt war, dass niemand daran glaubt mit Ladestationen Gewinn zu erzielen. Wer investiert denn in einen Markt ohne «Return of Invest». Ein Paradoxon: Ölkonzerne machen Milliarden Gewinne mit Benzin und Diesel und mit dem Umstieg auf E-Mobilität sieht niemand einen Markt?

Das glauben wir nicht! Auch wenn nun viele Zuhause laden können, so wird der öffentliche Raum Ladepunkte brauchen und dafür gibt der Konsument gerne Geld aus. Sicher sind im Strommarkt die Preise seit Jahren «kaputt» aber die meisten Energieversorger sind staatlich organisiert und müssen erst die Chancen am freien Markt erkennen und entsprechend investieren. Wir sehen aber echte Chancen für Betreiber von Ladesäulen und so sind die Energieversorger am Drücker, ein neues Geschäftsfeld zu erschliessen.

Danksagung

Wir blicken sehr positiv in die Zukunft und bedanken uns recht herzlich bei Phoenix Contact für die tollen Einblicke und den enormen Aufwand, welcher Stafan Staiber und sein Team geleistet haben, um uns alle in einen Raum zu bringen. Ohne solche Events wird der Markt nicht funktionieren. Danke schön.

Wenn Sie mehr rund um die E-Mobilität erfahren möchten, sprechen Sie uns an, wir stecken mitten in den ganzen Themen und freuen uns über angeregte Diskussionen.

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